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Fest-Rede:Zum 60-jährigen Weihe-Jubiläum von St. Ulrich

Am 8. September 2024 hatte die Gemeinde das 60-jährige Weihe-Jubiläum mit einer Festmesse gefeiert. Zu diesem Anlass hielt Monika Wernert-Giesen eine Rede, die Sie hier nochmal nachlesen können.
St. Ulrich
Datum:
7. Jan. 2025
Von:
Monika Wernert-Giesen

Zum 60-jährigen Weihe-Jubiläum von St. Ulrich

Guten Morgen, liebe Mitchristen!

Bei Jubiläen und Geburtstagen erzählt man sich gerne Geschichten aus der guten alten Zeit. Man erinnert sich an Begebenheiten aus dem Leben des Jubilars, zeichnet seinen Werdegang nach und spricht dabei gute Wünsche aus.

Mit den Geschichten aus der guten alten Zeit ist das so eine Sache. Die wenigsten von uns haben den Weihetag und die Jahre rund um den Bau der Kirche miterlebt und könnten heute darüber berichten.

Versuchen wir es also mal mit dem Werdegang: (aber keine Sorge, jetzt folgt kein chronologischer Abriss der letzten 60 Jahre, sondern ich möchte von Ereignissen oder Zusammenhängen berichten oder Daten nennen, die vielleicht nicht so geläufig sind)

Erste Überlegungen zum Neubau einer Pfarrkirche kamen 1959 auf. Wegen der Siedlungspläne der Stadt Frechen im Bereich zwischen Hücheln und Buschbell sowie der Absicht, eine neue Schule mit Turnhalle zu bauen, wurde schnell klar, dass die heutige Kirche Alt-St. Ulrich zu klein werden würde. Als Pastor Beu 1958 Pfarrer in St. Ulrich wurde, zählte man 1017 Katholiken. 1964 waren es bereits über 1800. Damals wurden am Sonntag drei heilige Messen gehalten und Alt-St. Ulrich muss angesichts der vielen Zugezogenen aus allen Nähten geplatzt sein. Eine ursprünglich vorgesehene Erweiterung von Alt St. Ulrich wurde wieder verworfen und stattdessen nach einem geeigneten Grundstück gesucht, das man schließlich hier an dieser Stelle zwischen den Straßen Am Zehnthof und Kirchenkamp fand.  

Am 05.05.1963 erfolgte der erste Spatenstich zum Bau der Kirche im Neubaugebiet zwischen Buschbell und Hücheln. Der Kirchbau sollte die beiden Ortsteile zu einem Ganzen verbinden und einen kirchlichen Mittelpunkt schaffen. Historisch gehörte Hücheln zu St. Audomar; es hatte sich aber dann zunächst der Pfarrei St. Maria Königin angeschlossen, deren Kirche 1954 geweiht worden war. 

„Bei strahlend-sonnigem Herbstwetter wurde am Sonntag,27.10.1963, der Grundstein zur neuen katholischen Pfarrkirche für die Orte Buschbell und Hücheln gelegt.  Die liturgische Feier fand in Anwesenheit zahlreicher Gemeindemitglieder statt.“  Mit diesen Worten begann der Artikel über die Grundsteinlegung im Kölner Stadtanzeiger vom 29. Oktober 1963. 

Der Grundstein befindet sich im Schaft des Turmes. In ihm wurde von Pfarrer Beu eine Metallhülse mit einer Urkunde, die vom Kirchenvorstand St. Ulrich und dem Kapellenbauverein St. Ägidius unterschrieben war, vermauert. Der Hl. Ulrich und der Hl. Aegidius, der Ortspatron von Hücheln, sind die Pfarrpatrone dieser Kirche. Das zeigt sich auch an der Gestaltung der beiden Eingangstüren: Die Portale sind mit Szenen aus dem Leben der beiden Heiligen geschmückt.

Auch wenn immer noch mal wieder auf die getrennten Eingänge und Bänke für Hüchelner und Buschbeller hingewiesen wird, so geschieht das doch mit einem Augenzwinkern an alte Zeiten; heute ist diese Trennung nicht mehr existent; wir sind „Hübeller“ und jeder bzw. jede sitzt dort, wo es ihr/ihm am besten gefällt.

Am 30.08.1964   wurde die Kirche konsekriert und das Patrozinium von Alt-St. Ulrich auf diese Kirche übertragen. Das Datum war bewusst gewählt; die Weihe sollte terminlich um das Fest des Hl. Aegidius, das am 01.09. begangen wird, gefeiert werden.

St. Ulrich wurde nach den Plänen des Kölner Architekten Ludger Kösters ausgeführt und bietet bei einem umbauten Raum von 6.141.cbm 316 Sitzplätze. Ob diese Zahl heute noch stimmt? Die ein oder andere Kirchenbank wurde – wie man es an den Löchern im Boden erkennen kann - mittlerweile abgebaut.

Ludger Köster ließ sich beim Entwurf der Kirche von Motiven mittelalterlicher Architektur inspirieren und adaptierte sie in eine moderne Gestaltungsform. So erinnert z.B. der Betondeckenunterzug an ein Kreuzgratgewölbe. Ursprünglich waren in den Planungen noch deutlich mehr Unterzüge vorgesehen, auch strahlenförmig an der Decke im Chorraum, so dass der Grundriss dem einer gotischen Kirche ähnelte.  

Ungewöhnlich für unsere Kirche ist, dass der Turm von St. Ulrich zu einem Drittel in den Baukörper der Kirche eingebunden ist. Bei Kirchbauten der Nachkriegszeit stehen die Türme meistens frei neben der Kirche. Überraschend ist auch der Bodenbelag, der heller ist als die Wände. Die meisten Kirchen der Nachkriegszeit haben einen dunklen Boden.

Von Ludger Köster stammen u.a auch die Entwürfe für den Hauptaltar, die Beichtstühle, die Kirchenbänke, die Apostelleuchter, aber auch die sich an die Kirche anschließenden Bauten. 

Die bunten Fenster wurden von dem Glaskünstler Franz Pauli gestaltet. Die Fensterbahnen an der Südseite verliefen ursprünglich bis auf das Niveau der Sakristei; sie erhielten später eine höhere Brüstung. Die Fenster an der Nordseite waren ursprünglich bis auf Fußbodenniveau herabgeführt. 

Die beiden Hauptportale mit den Motiven der Kirchenpatrone wurden von dem Künstler Jakob Riffeler geschaffen und für den Marienaltar zeichnet der Künstler Hein Gernot verantwortlich. Der Kreuzweg wurde erst im Jahr 1987 angeschafft; er stammt von dem damals an der Realschule Frechen tätigen Keramiker Ferdi Gombert.

Im Laufe der Jahre hat die Kirche verschiedene Veränderungen erfahren. So wurde 1978 der Tabernakel vom Altar an die Rückwand des Chorraumes verlegt, um dem Wunsch der Pfarrangehörigen nachzukommen, dass zum Volke hin zelebriert wird. Anfang der 1990er Jahre wurde vor dem Turm und den Eingängen das Vordach angeordnet, das um den Vorplatz herumgeführt wurde und so Kirche und Pfarrheim miteinander verbindet.

Ich kann mich auch noch gut erinnern an die Bücherei, die im heutigen Kontaktbüro untergebracht war, sowie an die Dienstwohnung von Pfarrer Beu, die die Räume, die jetzt Kaplan Matthäus bewohnt, umfasste als auch die der podologischen Praxis. 

Die Bautätigkeiten der letzten 15 Jahre möchte ich nur kurz erwähnen; vielen von Ihnen werden sich an die Turmsanierung 2010, die Pflasterarbeiten 2012 oder die neue Beleuchtung im Jahr 2016 erinnern, als die Kirche komplett leergeräumt war.  Dazu finden Sie - neben weiteren interessanten Artikeln - Fotos auf den Stellwänden. Herzliche Einladung an Sie alle, sich die Streiflichter durch die Jahrzehnte heute oder nach den Gottesdiensten der nächsten Wochen anzuschauen!

Noch etwas Interessantes zu den Glocken unserer Kirche:

Zum Zeitpunkt der Weihe der Kirche gab es zwei Glocken: eine 240 kg schwere Glocke mit dem Ton   DES und der Inschrift: Heilige Schutzengel! Führet uns aus dem Dunkel dieser Zeit in die lichte Ewigkeit!

Eine 400 kg schwere Glocke mit dem Ton B und der Inschrift: O Mutter der Barmherzigkeit, bitt für die ganze Christenheit!

Die Glocken werden mit 63 bzw. 66 Anschlägen pro Minute geläutet.

1968 hat dann der Kirchenvorstand beschlossen, zwei weitere Glocken anzuschaffen: eine f-Glocke zu Ehren des Hl. Ulrich (1000 kg schwer) und eine as-Glocke zu Ehren des Hl. Aegidius (mit einem Gewicht von 580 kg). Die Inschriften lauten: Hl. Bischof Ulrich! Schirme Kirche und Volk! Und Heiliger Abt Aegidius! Hilf uns in aller Not! Fördere Glauben und Sitten. 

Hinweisen möchte ich auch noch auf unsere kunsthistorischen Figuren, die wir vor Jahren aufwändig restauriert haben lassen.

Unsere „Pietà von Buschbell“ – wie das aus dem 14.Jhd. stammende Vesperbild offiziell in der Kunstwissenschaft bezeichnet wird – stand ursprünglich in der fensterartigen Öffnung des Turmraums. Die Vergitterung dort zeigt Motive der Dornenkrone. 

Die Figur des Hl. Ulrich stammt aus der Zeit um 1530, die der schönen Madonna um 1400 und der Hl. Aegidius aus dem 16. Jhd. Die Christusstatue wurde um 1850 geschaffen und hatte ihren Platz früher im Hochaltar von St. Audomar.  

Gelegentlich werde ich gefragt, warum der Hl. Ulrich einen Fisch in seiner Hand hält und was die Ratte zu seinen Füßen bedeuten soll. Wissen Sie es?

Die Attribute weisen auf Legenden hin, die aus seinem Leben erzählt werden. Ulrich habe einmal an einem Freitag (!) einen Boten mit einem Stück Fleisch entlohnt – der Bote wollte Ulrich beim Herzog dafür anschwärzen, aber o Wunder - das Fleisch verwandelte sich in der Hand des Boten in einen Fisch. 

Im Mittelalter glaubte man, dass die Erde vom Grab des Hl. Ulrichs gegen Mäuse- und Rattenplagen helfen sollte.

Es gäbe noch viel zu erzählen, aber das würde den Rahmen sprengen und ich muss noch etwas aufheben für den 70. Weihetag!

Was noch fehlt, sind die guten Wünsche an unseren Jubilar – aber die folgen dann am Ende unseres Gottesdienstes...

Liebe Mitchristen,

wir haben unseren Jubilar festlich gefeiert. 

60 Jahre nach ihrer Weihe wurde St. Ulrich unter Denkmalschutz gestellt und damit zum Ausdruck gebracht, dass die Kirche ein wichtiges Zeugnis für das religiöse und gesellschaftliche Leben in unseren Ortsteilen war und ist. 

Hier haben wir einen Ort, wohin wir gehen können: mit unseren Freuden und mit unseren Sorgen, mit unserem Glück und mit unserem Kummer, mit unseren Fragen, mit unserem Glauben und mit unserem Zweifeln, mit unserem Lob und mit unseren Bitten und Gebeten. 

Genau das hoffe und wünsche ich mir auch in Zukunft für unsere Gemeinde: Das sich jeder hier wohlfühlt und eine Heimat findet. Dass jede und jeder sich mit seinen Talenten und Fähigkeiten einbringen kann und wir eine interessante und lebendige Gemeinschaft bleiben; dass Hilfsbereitschaft und Solidarität keine Fremdworte sind und wir auch die im Blick behalten, die auf unsere Hilfe angewiesen sind; dass wir hier Gottesdienste feiern, die Kraft geben und Orientierung bieten; dass wir mutig bleiben, wenn wir uns verändern müssen und vielleicht auch neue Formen finden, um neue Begeisterung für den Glauben zu wecken.

Bleibt mir zum Schluss nur noch zu sagen: Herzlichen Glückwunsch altes Haus!

Monika Wernert-Giesen (KV-geschäftsführende Vorsitzende)